Jedes im Wettbewerb stehende Unternehmen hat eine Wettbewerbsstrategie, bewusst oder unbewusst. Diese Strategie kann ausdrücklich durch Planung entwickelt worden oder aus Aktivitäten der verschiedenen Unternehmensbereiche hervorgegangen sein. Sich selbst überlassen, wird jeder Unternehmensbereich zwangsläufig seine eigene Methode verfolgen, die durch seine geschäftliche Orientierung und durch den Antrieb seiner Verantwortlichen diktiert wird. Die Summe aus diesen abteilungsspezifischen Ansätzen wird jedoch selten die beste Strategie für das Gesamtunternehmen ergeben.
Michael E. Porter

Wie sieht es bei Dir und Deinem Unternehmen aus? Hast Du bewusst eine Strategie entwickelt? Ich war viele Jahre als Marketing Berater und Trainer unterwegs und musste leider immer wieder feststellen, dass die Meisten sich keine Gedanken über Strategie gemacht haben. Es herrschte der Glauben vor, dass man nur das richtige Marketing-Tool wählen muss, und schon kommen die Umsätze und Gewinne. Zugegeben, es gibt Ausnahmen, wo das tatsächlich so funktioniert, oft, weil eine unbewusste Strategie vorhanden ist, zu der auch das gewählte Marketing passt. Meistens funktioniert es so aber nicht und die Unternehmen dümpeln so vor sich hin, obwohl sie alles Mögliche ausprobieren.

Da es mir wichtig ist, dass meine Kunden erfolgreich sind, habe ich begonnen Ihnen Strategieberatung anzubieten und zu helfen eine Strategie zu entwickeln, bevor wir uns um ihr Marketing gekümmert haben. Und immer wieder kam die Frage, was ist eigentlich eine Strategie und was macht eine gute Strategie aus? Genau darauf möchte ich in dem Artikel eingehen und Dir zeigen, dass Strategie weit über das hinaus geht, was die meisten darunter verstehen. Da es zu dem Thema nicht nur eine Meinung gibt und es gerade in Bezug auf die Strategieentwicklung sehr hilfreich ist, wenn man verschiedene Blickwinkel einnimmt, stelle ich Dir in diesem Artikel einige Facetten rund um das Thema Entwicklung einer guten Strategie vor.

Wer braucht eine Strategie?

Meiner Meinung nach braucht jedes Unternehmen, bzw. jeder Unternehmer oder Geschäftsführer, eine Strategie. Das ist klar, dass ich das sage, schließlich verdiene ich damit mein Geld. Ich möchte Dir diese Aussage aber wenigstens kurz begründen. Tiefer gehe ich darauf in einem anderen Beitrag ein.

Viele meiner Kunden glauben, dass Strategie nur etwas für große Unternehmen ist. Und wenn ich mir die einschlägige Literatur anschaue, dann scheint das zu stimmen. Fast überall wird nur über die Strategien der großen Konzerne berichtet. Aber es gibt auch Ausnahmen. Hermann Simon hat sich z.B. vor einigen Jahren den Mittelstand in Deutschland angeschaut und dann auch den Mittelstand in anderen Ländern. In seiner Studie hat er festgestellt, dass die besonders erfolgreichen Unternehmen einige Gemeinsamkeiten haben. Das heißt jetzt natürlich noch nicht, dass diese Unternehmen alle eine bewusste Strategie hatten, aber es heißt, dass man mit den richtigen strategischen Entscheidungen einen Vorteil haben kann.

Und das sehe ich auch bei Einzelunternehmungen. Einigen, mit klarer Strategie geht es sehr gut und sie müssen sich eigentlich kaum um Kundenakquise kümmern, während andere ständig zu kämpfen haben.

Und ich sehe noch einen weiteren entscheidenden Vorteil einer Strategie. Sie bringt Klarheit. Ohne Strategie ist man wie ein Spielball. Irgendwo liest man vom neuesten Online Marketing Trend und springt auf. Dann hört man von einem anderen Trend und springt da auf. Alles wird probierte, aber nichts funktioniert wirklich gut. Bei jeder Entscheidung ist man zwischen den Möglichkeiten hin und her gerissen und viele fühlen sich durch all die Optionen total überfordert. Eine klare Strategie löst diese Überforderung. Während der Strategieentwicklung muss man einige Entscheidungen treffen, aber dann gibt einem die Strategie einen roten Faden, an dem man sich orientieren kann und die Entscheidungen völlig klar sind. Es ist auch klar, ob es sinnvoll ist auf einen Trend aufzuspringen oder nicht.

Das sind nur zwei Vorteile, die ich in einer Strategie sehe. Wie gesagt, es gibt noch mehr. Vermutlich erkennst Du einige weitere auf den folgenden Seiten.

Was ist Strategie?

Um gleich genauer über die Unterschiede zwischen einer guten und einer schlechten Strategie sprechen zu können, brauchen wir eine Verständigung, was wir unter Strategie verstehen. Dieser Begriffe wird inzwischen sehr häufig und mit verschiedensten Bedeutungen genutzt. Genauer gehe ich darauf an anderer Stelle ein. Mir gefällt die Definition von Hermann Simon am besten:

Strategie ist die Kunst und die Wissenschaft, alle Kräfte eines Unternehmens so zu entwickeln und einzusetzen, dass ein möglichst profitables, langfristiges Überleben gesichert ist.

Damit ist eigentlich fast alles gesagt. Mir fehlt dabei noch die Integration der äußeren Umstände, die ist allerdings implizit durch das Ziel des profitablen und langfristigen Überlebens enthalten.

An dieser Definition werde ich den Rest des Artikels orientieren. Sie gibt schon ein erstes Verständnis, was der Unterschied zwischen einer guten Strategie und einer schlechten Strategie ist. Einen Punkt möchte ich noch klären, bevor wir richtig ins Thema einsteigen:

Eine gute Strategie ist nicht unbedingt auch eine funktionierende Strategie.

Eine gute Strategie erfüllt einige Kriterien, auf die wir gleich zu sprechen kommen, aber das bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie auch funktioniert. Auch bei einer guten Strategie können unvorhergesehene Dinge passieren, auf die die aktuelle Strategie direkt keine Antwort hat. Wenn sie gut ist, fällt es meistens sehr viel einfacher zu reagieren. Außerdem lässt sich die Strategie einfacher an die neuen Gegebenheiten anpassen. Häufig sind auch verschieden Szenarien schon eingeplant und es werden Systeme integriert, mit denen solche Entwicklungen frühzeitig erkannt werden können.

Welche Eigenschaften machen eine schlechte Strategie aus?

Eine amerikanische Bank kommunizierte in einem internen Memo folgendes: „Our fundamental strategy is one of customer-centric intermediation.“ Intermediation heißt so viel wie Vermittlung. In diesem Fall also Vermittlung von Geld. Sie nehmen es von Menschen entgegen, die welches haben und leihen es den Menschen, die welches brauchen. Customer-centric heißt, das soll kundenzentriert passieren. Im Endeffekt sagen sie also nichts anderes als, dass sie eine kundenzentrierte Bank sein wollen. Das gibt den Mitarbeitern keine klare Richtung vor, außer, dass sie nett zu den Kunden sein sollen, was sie vermutlich sowieso schon sind. Die angebliche Strategie ist einfach nur bla bla.

Damit sind wir auch schon beim ersten Kriterium für eine schlechte Strategie:

Die Strategie sagt nichts aus, sondern ist einfach nur bla bla.

Das erkennt man meistens sehr schnell an Plattitüden, unbestimmten Hauptwörtern und vor allem der Frage: „Weiß ich und jeder Mitarbeiter was er tun soll, bzw. wie zukünftige Entscheidungen zu treffen sind?“ Da kann es hilfreich sein das Gespräch mit einem Mitarbeiter zu suchen, ihm die Strategie vorzustellen und ihn zu fragen, was er mit dieser Strategie in seinem Arbeitsalltag ändern würde. Je nach Größe des Unternehmens sollten das auch Mitarbeiter der verschiedenen Managementschichten sein. Wie beeinflusst die Strategie ihre Entscheidungen? Welche Entscheidungen stehen gerade an und wie würde er sie in Anbetracht der neuen Strategie treffen.

Ein Ziel wird für eine Strategie gehalten

Ein weiterer häufiger Fehler ist ein Ziel für eine Strategie zu halten. Zum Beispiel geben Firmen vermeintliche Strategien raus, in denen sie kommunizieren, dass sie ein gewisses Umsatzziel, Wachstum oder Marktanteil in einer bestimmten Zeit zu erreichen. Auch hier bleiben die eben genannten Fragen unbeantwortet. Die übergeordnete Frage, die dabei unbeantwortet bleibt, ist: „Wie soll das erreicht werden?“

Oft ist das gegebene Ziel auch so unklar und unspezifisch, dass die Mitarbeiter damit nicht viel anfangen können. Wenn wir uns nochmal das Beispiel mit der Bank anschauen, was genau sagt kundenzentriert genau aus? Wann ist die Bank kundenzentriert und wann nicht?

Ein Plan wird für eine Strategie gehalten

Das erlebe ich sehr häufig, dass ein Plan gemacht wird und dieser Plan als Strategie kommuniziert wird. Im Gegensatz zu einer Strategie ist ein Plan allerdings sehr unflexibel, was häufig zum Ergebnis hat, dass er nicht wirklich umgesetzt werden kann, weil sie Gegebenheiten verändern. Meistens fällt es dann schwer, auf die veränderten Gegebenheiten zu reagieren, weil das gar nicht vorgesehen ist. Es ist auch nicht klar, warum dieser Plan entwickelt wurde, und mit dem fehlenden Warum können die Mitarbeiter auch nicht einfach so den Plan anpassen. Meistens passen sie ihn so an, wie sie es für richtig halten, was dann zu verschiedenen Richtungen der einzelnen Abteilungen führt.

Die Strategie definiert nicht die zu bewältigende Herausforderung

Ein Teil des Warums wird durch die zu bewältigende Herausforderung gegeben. Die Herausforderung dient aber noch einer weiteren wichtigen Funktion. Nur durch das Definieren der Herausforderung kann ich überhaupt eine Strategie entwickeln, nämlich eine Strategie, die diese Herausforderung löst. Und ich kann meine Strategie an der Herausforderung messen und verschiedene Strategien darauf vergleichen, wie gut sie die gegebene Herausforderung löst.

Warum gibt es so viele schlechte Strategien, bzw. oft sogar gar keine konkreten Strategien?

Die kurze Antwort lautet: „Strategieentwicklung ist harte Arbeit.“ Daher ist es nicht verwunderlich, dass in vermeintlich guten Zeiten, wo das Unternehmen läuft, so gut wie keine Strategiearbeit stattfindet. Oft wird darüber erst nachgedacht, wenn man sozusagen mit dem Rücken an der Wand steht. Nur genau das ist der schlechteste Zeitpunkt für Strategiearbeit, denn der Druck sorgt nicht unbedingt für die besten Ideen. Außerdem stehen meistens auch nicht mehr die Ressourcen zur Verfügung, die in guten Zeiten zur Verfügung gestanden hätten. Im Idealfall macht man die Strategiearbeit noch vor dem Start der Firma und ab da regelmäßig. Ich gehe dafür jedes Jahr ein paar Tage in Klausur.

Nur warum ist Strategieentwicklung so harte Arbeit?

  1. Es gestaltet sich schon schwierig überhaupt herauszufinden was eigentlich los ist.
    Selbst im eigenen Unternehmen fällt es oft schwer zu wissen, was konkret funktioniert und was funktioniert nicht. Was sind die Stärken und die Schwächen des eigenen Unternehmens? In welchem Trend befinden wir uns gerade und welche Trends sind zu erwarten.
    Noch schwieriger wird es, wenn man die Mitbewerber, den Markt, die Kunden und die Entwicklung einschätzen muss. Es gibt einfach sehr sehr viele Variablen, die das Ergebnis beeinflussen.
    Bei all dem kann man sich leicht erschlagen fühlen.
  2. Fehler und Hindernisse zu erkennen und zu akzeptieren macht keinen Spaß.
    Wir haben spätestens in der Schule gelernt, dass Fehler schlecht sind. Deswegen lösen Fehler in uns schlechte Gefühle aus und niemand mag schlechte Gefühle. Daher versuchen wir sie zu vermeiden und schauen auch nicht gern auf unsere Fehler. Was es noch schwieriger macht ist die Tatsache, dass das oft unbewusst stattfindet und wir es gar nicht merken.
    Für gute Strategiearbeit ist es aber wichtig, dass wir uns anschauen was schlecht läuft und wo mögliche Problem, bzw. Hindernisse auf uns zukommen.
  3. Entscheidungen treffen
    In der Strategiearbeit müssen immer wieder Entscheidungen getroffen werden, und zwar Entscheidungen, die die Richtung des Unternehmens für einige Jahre bestimmen. Dabei muss sich nicht nur für etwas, sondern vor allem gegen etwas entschieden werden. Und vor allem die Entscheidung gegen etwas fällt vielen Menschen sehr schwer.
    Als kleines Beispiel kann ich auf die Definition der Zielgruppe verweisen. Immer wieder höre ich von meinen Kunden: „Das Produkt ist für jeden.“ Aber selbst wenn schon eine Zielgruppe erarbeitet wurde, ist auch diese oft zu breit und ich stoße auf große Widerstände, wenn ich diese weiter begrenzen möchte. Ganz schnell entsteht die Angst, dass man dann nicht genügend verkauft.
    Sich gegen etwas zu entscheiden triggert ganz stark die Verlustangst, bzw. die Angst etwas zu verpassen.
  4. Überforderung
    In Vorbereitung auf die Strategiearbeit werden viele Daten zusammengestellt. Es entsteht ein Geflecht aus Information, die die Realität mehr oder weniger gut darstellen. Jede einzelne Information stellt eine Variable dar, die durch ihre Veränderung auf andere Variablen wirkt. Dadurch entsteht ein Netz von Wirkweisen, das nicht überschaubar ist. Egal wie viele Daten man sammelt, man bekommt nie ein exaktes Abbild der Wirklichkeit und auch die Zukunft lässt sich damit nur bedingt vorher sagen. Das führt zu Überforderung und Hilflosigkeit.
    Die Herausforderung an der Stelle ist, die Daten zwar zu nutzen, sich aber davon auch zu entfernen und einen größeren Überblick, ein größeres Verständnis für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu finden.

Das sind sicher nicht alle Gründe, die die Strategiearbeit so hart machen, sie geben aber sicher einen guten Eindruck. Aufgrund dieser und anderer Gründe entscheiden sich dann viele für einen der folgenden Wege, die leider immer zu schlechten Strategien führen.

5 Wege, die zu schlechten Strategien führen

  1. Entscheidungen vermeiden
    Ich hatte eben schon angesprochen, dass es vielen Menschen schwerfällt, Entscheidungen zu treffen. Vor allem sich gegen etwas zu entscheiden fällt ihnen schwer. Daher werden die Entscheidungen bewusst oder unbewusst vermieden und raus kommt so ein bla bla, wie die oben erwähnte Strategie der amerikanischen Bank.
  2. Strategievorlagen nutzen
    Es ist so verlockend eine Vorlage zu nehmen, sie auszufüllen und somit ein schnelles Ergebnis zu haben. Einfach nur die freien Stellen füllen und fertig. Leider funktioniert dieser „Ein Weg für Alle“-Ansatz nicht. Im Idealfall kommt zwar eine Strategie raus, nur viele andere haben genau die gleiche Strategie oder eine ähnliche, was dann zwar die Kriterien einer guten Strategie erfüllt, aber eine nicht funktionierende Strategie ist. Meistens kommt aber nur ein oberflächliches bla bla raus, welches einige oder alle Kriterien einer schlechten Strategie entspricht.
    Die Vorlage sorgt dafür, dass man in einem vorgegebenen Schema denkt und dadurch sehr leicht die entscheidenden Punkte übersieht.
  3. Glauben, dass eine positive Einstellung ausreicht
    Inzwischen gibt es Unmengen an Büchern zum Thema Mindset und positiven Denken. Wie groß die Auswirkung auf den Erfolg eines Unternehmens ist kann ich nicht beurteilen. Allerdings bin ich mir sicher, dass es nicht ausreicht, um ein erfolgreiches Unternehmen zu gründen.
    Eine große, motivierende und mitreißende Vision kann sicher viele Türen öffnen, wenn dahinter allerdings ein schlechtes Produkt, schlechtes Marketing oder so steckt, dann hilft die Vision auch nicht. Und selbst wenn das alles gut ist, kann man von einem Marktteilnehmer verdrängt werden, der in der einen oder anderen Sache einfach besser ist.
    Daher kann eine Vision ein wichtiger Teil der Arbeit sein, aber sie reicht nicht.
  4. Die Strategie/Lösung wählen, die einem zuerst einfällt
    Das ist ein Muster, welches in vielen Lebenssituationen sehr hilfreich ist, denn meistens lohnt es sich nicht, die verschiedenen Möglichkeiten abzuwägen. Man hat also ein gelerntes Verhalten, was dann auch in der Strategieentwicklung genutzt wird. Nur leider ist dieses gelernte Verhalten in dem Fall nicht so hilfreich, denn die erste Idee ist selten die Beste.
    Es ist so verständlich, denn Strategiearbeit bedeutet oft Überforderung und das strengt an. Sie ist so unstrukturiert. Es gibt zu viele Variablen, Faktoren und Unbekannte, keine klare Liste mit möglichen Aktionen und oft kennt man nicht mal das konkrete Problem. Das alles sorgt für Stress und eine Idee löst diesen Stress, egal wie gut sie ist. Sich dann wieder diesem Stress auszusetzen erzeugt Widerstand.
    Für eine gute Idee müssen allerdings viele Ideen entwickelt werden, die miteinander verglichen oder vielleicht sogar kombiniert werden. Die Annahmen, die hinter den Ideen stehen müssen überprüft und die Wahrscheinlichkeit eingeschätzt werden, inwieweit die Ideen das Problem lösen. Nur dann kann wirklich eine gute Idee entstehen.
  5. Mit der Strategiearbeit beginnen, wenn es eigentlich zu spät ist
    Wie weiter oben schon erwähnt findet Strategiearbeit selten dann statt, wenn alles gut läuft. Allerdings wäre das der beste Zeitpunkt, denn dann kann man sich in Ruhe Zeit dafür nehmen und hat auch die Ressourcen, um die Strategien entsprechend zu testen und umzusetzen. Wenn das Unternehmen mit dem Rücken an die Wand steht, dann stehen für gewöhnlich sehr viel weniger Möglichkeiten zur Verfügung und man kommt kaum auf die bestmögliche Strategie.

3 nützliche Fähigkeiten für gute Strategieentwicklung

Lange Zeit ging man davon aus, dass es ausreicht, wenn man viel weiß und viele Daten hat, um gute Strategien zu entwickeln. Leider stimmt das nicht. Es gibt viele wirklich schlaue Menschen mit viel Wissen, die trotzdem nicht gut darin sind gute Strategien zu entwickeln, denn neben dem Wissen gibt es drei für Strategieentwicklung essentielle Fähigkeiten:

  1. Erkennen und behandeln der eigenen Kurzsichtigkeit und Befangenheit
    Wir leben alle in unserer eigenen Welt, die geprägt ist durch Glaubenssätze, Erfahrungen, Bias, Ängste, Annahmen und anderen Scheuklappen, die unseren Blick für die Welt einschränken.
    Für gute Strategiearbeit ist es wichtig, diese Scheuklappen zu erkennen und zu beseitigen. Das ist meistens einfacher gesagt als getan. Selbst Menschen, die täglich mit diesen Themen zu tun haben und denen die verschiedensten Scheuklappen bewusst sind, schaffen es oft nicht diese auch zu beseitigen. Gerade wenn es emotional wird, und das wird es bei Entscheidungen oft, fällt es schwer, diese Scheuklappen zu überwinden.
  2. Eigene Beurteilungen/Entscheidungen hinterfragen
    Um Beurteilungen zu hinterfragen, müssen wir sie erstmal erkennen und uns dann der Möglichkeit stellen, dass wir einen Fehler gemacht haben. Auch darüber habe ich weiter oben schon geschrieben. Es kann sein, dass wir in der Vergangenheit eine Entscheidung getroffen haben, die zu diesem Zeitpunkt eine gute Entscheidung war. Das heißt aber noch lange nicht, dass es immer noch eine gute Entscheidung ist. Deswegen sollten im Zuge der Strategiearbeit auch immer wieder die Entscheidungen und Beurteilungen der Vergangenheit hinterfragt werden. Dabei hilft die folgende Fähigkeit.
  3. Die Gewohnheit etablieren, Entscheidungen zu protokollieren
    Immer wieder habe ich in der Vergangenheit festgestellt, dass sich meine Kunden und ich nicht an die Entscheidungen von vor ein paar Monaten erinnern konnten. Und selbst wenn wir uns an die Entscheidung erinnern konnten, dann fehlte uns oft der Grund, warum wir uns so entschieden haben. Deswegen empfehle ich allen meinen Kunden ihre Entscheidungen mit dem Warum zu protokollieren. Einerseits hilft es bei der Umsetzung der Entscheidung und andererseits ist das die Basis für die zweite Fähigkeit. Nur wenn ich meine Entscheidungen protokolliere, kann ich sie auch hinterfragen. Am besten hinterfragt man sie regelmäßig. Ich gehe deswegen 4 mal im Jahr in Klausur.

Was macht eine gute Strategie aus?

Jetzt weißt Du, was Du bei der Strategiearbeit vermeiden solltest und welche Fähigkeiten Du benötigst, um gute Strategien zu entwickeln. Nur was macht jetzt eine gute Strategie aus? Ein paar Ideen hast Du dafür sicher schon bekommen. Diese möchte ich jetzt noch weiter konkretisieren. Dafür habe ich verschiedenste Aussagen aus der Fachliteratur zusammen gestellt und mit eigenen Erfahrungen und Erkenntnissen ergänzt.

Dir ist vermutlich schon klar, dass es in der Strategiearbeit kein richtig oder falsch gibt. Auch hier gilt, viele Wege führen nach Rom. Dir wird auffallen, dass es trotz der unterschiedlichen Ansichten und Formulierungen viele Gemeinsamkeiten in den verschiedenen Ansätzen gibt. Die Ansätze bilden oft einfach unterschiedliche Blickwinkel mit unterschiedlichen Ausschnitten der Realität ab. Dabei sollte Dir bewusst sein, dass es den vollständigen Blick nicht gibt. Die verschiedenen Blickwinkel und Vorgehensweisen können Dir allerdings helfen, den für Dich passenden Weg der Strategiearbeit zu finden. Es gibt noch viel mehr Blickwinkel, die folgenden haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie hilfreich bei der Strategieentwicklung sind.

Die folgenden Ansätze habe ich so sortiert, dass nach und nach die dahinter liegenden Ideen zusammen fließen und ein immer umfangreicheres Bild entsteht.

Stärken und Schwächen, Herausforderungen und Chancen

Von der sogenannten SWOT-Analyse hat vermutlich jeder schon gehört. Das Akronym SWOT steht für die Begriffe Strengts, Weaknesses, Opportunities und Threats, also genau, was in der Überschrift steht. Wenn es um Strategie geht, kommt man um diese 4 Themen nicht drum rum und sie sind auf die eine oder andere Art auch in den folgenden Ansätzen enthalten.

Ich nutze die SWOT-Analyse auf die eine oder andere Weise sehr gern während der Strategieentwicklung. Oft zerlege ich sie auch und starte mit Stärken und schon erkennbaren Chancen, um dann später im Prozess auch die Schwächen und Herausforderungen zu betrachten. Egal wie, die 4 Themen sollten auf jeden Fall während jeder Strategieentwicklung betrachtet werden und oft wiederholt, denn zum Beispiel, die Lösung einer Herausforderung könnte neue Chancen bieten.

Das B-I-Triangle von Robert Kiyosaki als Vorlage für eine Strategie

Mit dem B-I-Triangle habe ich vor ungefähr 20 Jahren meine erste Strategie entworfen und auch heute nutze ich es immer mal wieder, bzw. integriere einige Punkte in die Strategieentwicklung, die in anderen Ansätzen kaum oder nur versteckt enthalten sind.

Das B-I-Triangle von Robert Kiyosaki

Auf ein paar Vorzüge möchte ich an dieser Stelle eingehen. Genauer gehe ich in einem weiteren Blogbeitrag darauf ein.

Was sofort auffällt, das B-I-Triangle bildet viele Bereiche des Unternehmens ab und erfüllt daher die Kriterien der Strategiedefinition von Hermann Simon (siehe oben) schon sehr gut.

Die Basis bildet die Mission. Ich würde die Basis noch durch die Vision ersetzen. Ich kenne zwar auch erfolgreiche Unternehmen ohne Mission oder Vision, stelle aber immer wieder fest, dass es sehr hilfreich ist, sich darüber Gedanken zu machen. Manchmal steht beides relativ früh fest und die Strategie entwickelt sich daraus, manchmal ist es auch umgekehrt.

Gestützt wird das Gebilde durch das Team und die Führung, bzw. das Führungsverhalten. Das sind beides Bereiche, die in den anderen Ansätzen nur implizit vorkommen und daher oft nicht so intensiv betrachtet werden, wie sie es sollten. Sie werden meistens nur betrachtet, wenn offensichtliche Mängel vorhanden sind.

Ähnlich ist es mit dem Cashflow. Darüber macht sich bei der Strategieentwicklung kaum jemand Gedanken. Ich habe schon tolle Unternehmen mit einer ansonsten wirklich guten Strategie erlebt, denen während der Umsetzung das Geld ausgegangen ist, obwohl sie eigentlich richtig viel verdient haben. Allein durch eine Optimierung des Cashflows kann ein Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil erlangen.

Ein weiterer oft nur teilweise betrachteter Punkt ist die Kommunikation. Damit ist die interne und externe Kommunikation gemeint. Die externe Kommunikation wird oft im Zusammenhang mit dem Marketing betrachtet, da aber dann nur bezüglich der Werbung. Wie aber direkt mit dem Kunden kommuniziert werden soll, z.B. bei Service Anfragen wird selten genau spezifiziert. Für die interne Kommunikation wird es so gut wie nie gemacht. Beides hat allerdings einen großen Einfluss auf die Unternehmenskultur, die mittel- und langfristig den Unternehmenserfolg stark beeinfluss.

Der Punkt Systeme ist inzwischen immer weiter verbreitet. Vor 20 Jahren hat sich darüber kaum jemand Gedanken gemacht. Ein wichtiges Argument für Systeme ist Effizienz, denn diese wird durch gute Systeme meistens erhöht. Ein weiteres wichtiges Argument ist Zuverlässigkeit. Ein System stellt sicher, dass am Ende immer wieder die gleichen Ergebnisse erreicht werden. Nur durch das Einrichten der richtigen Systeme kann sich ein Unternehmen einen großen Wettbewerbsvorteil verschaffen und das funktioniert in allen Bereichen. Idealerweise entwickelt man die Systeme so, dass sie Synergien bilden. Das macht es einem Mitbewerber sehr schwer, sie nachzubauen.

Ein weiterer Punkt, der oft zu kurz kommt, ist der gesamte rechtliche Hintergrund, dazu zählt auch das Steuerrecht. Ich empfinde den Punkt als so wichtig, dass ich jedem Unternehmer empfehle, sich intensiv mit diesem Thema zu beschäftigen und die Möglichkeiten kennenzulernen. Natürlich ist es auch wichtig gute Steuerberater und Anwälte zur Hand zu haben. Zur Höchstform laufen die meistens aber nur auf, wenn man selber viel Wissen mitbringt.

Und schließlich das Produkt, was absichtlich als letztes kommt und das kleinste Feld hat. Laut Kiyosaki bringt das beste Produkt nichts, wenn die anderen Punkte schlecht umgesetzt werden und dieser Einschätzung schließe ich mit grundsätzlich an, auch wenn Ausnahmen die Regel bestätigen. Und trotzdem ist alles rund ums Produkt natürlich wichtig. Da kommen dann Preispolitik, Lebenszyklen, Diversifikation und so weiter auf den Tisch, genau die Themen, mit denen sich am meisten beschäftigt wird, die aber eben nicht ausreichend für ein erfolgreiches Unternehmen und eine gute Strategie sind.

Die 5 Fragen der Strategieentwicklung eines Weltkonzerns

Procter & Gamble, einer der größten Konzerne der Welt und seit knapp 180 Jahren aktiv, nutzt die folgenden fünf Fragen, um ihre Strategien zu entwickeln:

  1. What is our winning aspiration? (Was ist unser Bestreben, um zu gewinnen?)
    Ähnlich wie beim B-I-Triangle bildet die Mission und die Vision die Basis. Bei P&G ist es etwas offener formuliert, führt aber in eine ähnliche Richtung.
  2. Where will we play? (Wo spielen wir?)
    Diese Frage wird vom Breiten ins Schmale beantwortet. Das heißt, man fragt sich erstmal in welchem Feld, welcher Industrie man spielen will. Als Nächstes fragt man sich dann mit wem, was dann zur Zielgruppe bzw. den Personas führt.
  3. How will we win? (Wie gewinnen wir?)
    Das ist für mich eine der Schlüsselfragen in der gesamten Strategieentwicklung, denn daraus ergeben sich alle anderen Antworten, bzw. alle anderen Fragen und Ansätze führen zur Beantwortung dieser Frage. Für P&G ist es wichtig zu gewinnen, denn ihrer Meinung nach ist nur dann ein langfristiges Überleben möglich (siehe Strategiedefinition Hermann Simon). Auch Jack Welch von General Electric hat es so gesehen und alle Geschäftsbereiche eingestellt, in denen GE nicht mindestens zweiter werden konnte.
  4. What capabilities must be in place? (Welche Voraussetzungen (Fähigkeiten) müssen erfüllt sein?)
    Schön an dieser Frage finde ich, dass man sich dadurch von der Vorstellung löst, dass alle Voraussetzungen schon vorhanden sein müssen. Dadurch schränkt man sich nicht durch die vorhandenen Stärken ein, sondern gibt sich Raum weitere Stärken zu entwickeln. Vielleicht ist auch der Kauf einer anderen Firma nötig, um die Voraussetzungen für die Strategie zu schaffen. Auf jeden Fall wird der Blick für mögliche Strategien weiter, wenn man sich gestattet noch nicht alle Voraussetzungen erfüllen zu müssen. Oft entstehen bei der Überlegung, wie man diese Voraussetzungen schaffen kann, weitere Wettbewerbsvorteile, die vorher gar nicht ersichtlich waren.
  5. What management systems are required? (Welche Management Systeme sind nötig?)
    Auch P&G hat die Wichtigkeit der Systeme erkannt. Sie konzentrieren sich auf die Management Systeme, ich würde den Blick, wie beim B-I-Triangle schon erwähnt, weiter machen und mir grundsätzlich Systeme anschauen.

Wie Du sicher schon gemerkt hast, sind diese Fragen sehr oberflächlich gehalten. Und sie beeinflussen sich gegenseitig. Es ist also meistens nicht damit getan sie einfach von eins bis fünf durchzugehen, sondern ein ständiges Hin und Her springen ist nötig. Und vermutlich erkennst Du auch schon, wie die verschiedenen Ansätze zusammen spielen und sich überschneiden.

Wie Du die Antworten auf diese Fragen findest, ist dabei sehr individuell, aber wenn Deine Strategie diese Fragen nicht beantworten kann, dann solltest Du Dich nochmal ran setzen.

An den Mitbewerbern orientieren

Michael E. Porter, Wirtschaftswissenschaftler und Professor in Harvard, nimmt einen etwas anderen Blickwinkel als die vorherigen Ansätze ein. In den vorherigen Ansätzen tauchten die Mitbewerber nur implizit mit auf. Porter stellt sie explizit in den Mittelpunkt und orientiert seine Strategie an ihnen. Eine Strategie sollte folgende Fragen beantworten:

  1. Wie verhält sich das Unternehmen gegenwärtig?
    • Identifizierung
      Worin besteht die (derzeitige) bewusste oder unbewusste Strategie?
    • Unterstellte Annahmen
      Welche Annahmen in Bezug auf die relative Position des Unternehmens, seine Stärken und Schwächen, auch Konkurrenten und Branchentrends müssen zugrunde gelegt werden, damit die derzeitige Strategie einen Sinn ergibt?
  2. Was geschieht im Umfeld?
    • Analyse der Branche
      Worin bestehen die Hauptfaktoren für Erfolg im Wettbewerb, und welche wichtigen Chancen und Risiken birgt die Branche?
    • Analyse der Konkurrenten
      Worin liegen die Fähigkeiten und Grenzen der existierenden und potenziellen Konkurrenten, und wie sehen ihre voraussichtlichen Maßnahmen aus?
    • Analyse der Gesellschaft
      Welche wichtigen gesetzgeberischen, politischen und sozialen Faktoren werden Chancen oder Gefahren mit sich bringen?
    • Stärken und Schwächen
      Worin liegen die Stärken und Schwächen des Unternehmens im Verhältnis zu den jetzigen und künftigen Konkurrenten, eine Analyse der Branche und ihrer Anbieter vorausgesetzt?
  3. Was sollte das Unternehmen tun?
    • Tests der Annahmen und Strategie
      Wie vertragen sich die in der gegenwärtigen Strategie enthaltenen Annahmen mit der Analyse in Punkt B?
    • Strategische Alternativen
      Welche gangbaren strategischen Alternativen gibt es angesichts der obigen Analyse?
    • Strategische Entscheidung
      Welche Alternative stellt die beste Verbindung her zwischen der Unternehmenssituation und den externen Chancen und Gefahren?

Auch wenn ich ein großer Freund davon bin den eigenen Weg zu finden, sind wir nicht allein auf der Welt. Daher ist es sinnvoll, die Position und Bewegung relativ zu den anderen Marktteilnehmern zu betrachten.

Schon die ersten beiden Fragen zur aktuellen Position des Unternehmens können sehr aufschlussreiche Antworten liefern und kommen so in den anderen Ansätzen nicht vor. Außerdem werden die eigenen Annahmen hinterfragt, was ja eine der wichtigen Fähigkeiten für eine gute Strategieentwicklung ist, siehe oben.

In dem Zusammenhang ist es auch wichtig, diese Annahmen und auch die Strategie zu testen. Auch das ein Thema, welches in den anderen Ansätzen höchstens implizit vorkommt, dabei nimmt es in der Strategieentwicklung häufig den größten Teil ein. Egal wie gut eine Strategie scheint, sie sollte auf die eine oder andere Art und Weise getestet werden, bevor sie auf das gesamte Unternehmen angewandt wird. Genauer gehe ich darauf in einem anderen Artikel ein.

Die anderen Fragen richten sich auf Themen, die auch in den anderen Ansätzen vorkommen, nur dass sie den Wettbewerb stärker mit einbeziehen. So nach und nach formt sich ein Gesamtbild, oder?

Der Kern einer guten Strategie

Laut Richard P. Rumelt sollte eine gute Strategie mindestens die folgenden drei Punkte enthalten:

  1. A diagnosis that defines or explains the nature of the challenge. (Eine Diagnose, die die Herausforderung definiert und erklärt.)
  2. A guiding policy for dealing with the challenge. (Eine Anleitung, Geschäftspolitik, wie mit der Herausforderung umgegangen werden soll.)
  3. A set of coherent actions that are designed to carry out the guiding policy. (Eine Menge an schlüssigen und zusammenhängenden Aufgaben, die dazu dienen die Anleitung umzusetzen.)

Diese Punkte geben wieder einen neuen Blickwinkel auf die Strategieentwicklung. In diesem Fall geht es weniger um die inhaltlichen Aspekte, sondern eher um die formalen. Eine Strategie, die keine konkreten Aktionen definiert ist seiner Meinung nach nicht viel wert. Durch seinen Ansatz wird das theoretischen Modell der Strategie plötzlich praktisch umsetzbar. Wir erinnern uns, der Zweck einer Strategie ist es unter anderem jedem Mitarbeiter einen Weg vorzuzeichnen und eine Entscheidungshilfe zu bieten.

Dazu passt auch die Aussage des preußischen Generalmajors Carl von Clausewitz:

"Die Strategie muss mit ins Feld ziehen, um das Einzelne an Ort und Stelle anzuordnen und für das Ganze die Modifikationen zu treffen, die unaufhörlich erforderlich werden. Sie kann also ihre Hand in keinem Augenblick von dem Werke abziehen."

Etwas verständlicher formuliert kann Strategie nicht nur etwas der Führungsetage sein. Sie muss in die tägliche Arbeit einfließen und es muss jedem Mitarbeiter möglich sein die Arbeitsweise neuen Gegebenheiten anzupassen und trotzdem weiterhin der Strategie zu folgen. Aus dieser Prämisse folgt auch, dass die Strategie im Unternehmen so kommuniziert werden muss, dass sie den Mitarbeitern verständlich ist. Das ist nochmal ein ganz eigenes Thema.

Strategie im Allgemeinen

Hermann Simon definiert ein paar sehr allgemeine Elemente, die seiner Meinung nach eine gute Strategie ausmachen:

  1. Wissen was man will und wissen was man nicht will
    Dieser Punkt wurde jetzt schon häufiger angesprochen. Dass er so häufig vorkommt, zeigt auch, wie wichtig es ist, sich zu entscheiden.
  2. Etwas neues schaffen
    "Strategie ist aber gerade das nicht Wiederholbare, das nicht limitierbare" schreibt er in seinem Buch Think - Strategische Unternehmensführung statt Kurzfrist-Denke und bestätigt damit, dass selten eine gute Strategie auf Basis einer Vorlage herauskommt. Auch das macht Strategiearbeit so hart, denn es geht darum, etwas Neues zu schaffen.
  3. Externe Chancen und interne Kompetenzen integrieren
    Auch diesen Punkt haben wir schon mehrfach besprochen.
  4. Durchhalten
    Frei nach "Genius ist ewige Geduld" von Michelangelo schreibt er "Strategie ist ewige Geduld." und drückt damit Durchhalten auf verschiedenen Ebenen aus. Das fängt schon in der Entwicklungsphase an und geht über die Testphase bis zur Umsetzungsphase. So einfach, wie es sich bei einigen strategischen Unternehmenslenkern rückblickend anhört, ist es meistens nicht. Da hilft nur durchhalten.
  5. Strategie ist allumfassend
    Das spezifiziert er noch weiter, indem er sagt:
    • Strategie ist nicht langfristig oder kurzfristig
    • Strategie ist nicht übergeordnet oder detailliert.
    • Strategie ist nicht zentral oder dezentral

    Das hört sich jetzt wenig konkret an, kann aber trotzdem bei der Entwicklung einer Strategie helfen, denn diese Gedanken weiten den Blick. Sehr schnell kommt man immer wieder auf zu konkrete Gedanken, ganz konkrete Schritte für die Strategieumsetzung. Da lohnt es sich, inne zu halten, und den Blick wieder zu weiten.

EKS - Engpasskonzentrierte Strategie

Schon in den 60er Jahren hat Wolfgang Mewes die Engpasskonzentrierte Strategie entwickelt, deren Ansatz bis heute, und vermutlich auch noch länger, Gültigkeit hat. Im Grunde ist EKS keine Strategie, sondern eher ein Prozess, der zu einer Strategie führen soll. Und doch sind durch den Prozess einige Kriterien vorgegeben, die eine Strategie enthalten sollten:

  1. Stärken
    Auf diesen Punkt bin ich schon eingegangen. Für meine Arbeit habe ich das übernommen, meistens erstmal mit den Stärken zu beginnen.
  2. Nutzen
    Dieser Punkt ist zwar irgendwie in den anderen Ansätzen implizit enthalten aber nie so explizit wie im EKS. Ich empfinde es als sehr sinnvoll sich darüber Gedanken zu machen, welchen Nutzen mein Unternehmen bieten kann. Es lohnt sich, sich dabei nicht nur an den bestehenden Produkten zu orientieren. Man kann sich z.B. fragen, welchen Nutzen können die vorhandenen Maschinen noch bieten. Welchen Nutzen können potentielle Kunden von meinen Möglichkeiten haben.
    Ich weiß nicht, ob Amazon von Anfang an geplant hatte ins Cloud Geschäft einzusteigen. Auf jeden Fall haben sie irgendwann erkannt, dass die IT-Infrastruktur, die sie für ihr Versandgeschäft brauchen, auch für andere nützlich ist. Und inzwischen sind sie der größte Cloud Anbieter.
    Ein Schweizer Messerhersteller hat in der Krise erkannt, dass er seine Mitarbeiter auch an andere Unternehmen verleihen kann und sie nicht entlassen muss. Nach nur 6 Monaten hatte er die Krise überwunden und konnte alle Mitarbeiter wieder zurück ins Unternehmen holen.
    Das sind jetzt nur zwei Beispiele und ich hoffe sie zeigen wie wichtig und sinnvoll es ist sich wirklich breit über jeden Nutzen Gedanken zu machen, den man den verschiedensten Zielgruppen bieten kann.
  3. Zielgruppe
    Das ist offensichtlich, dass es sinnvoll ist, sich für eine Zielgruppe zu entscheiden. In EKS werden dafür konkret einige Ansätze vorgegeben, wie man die für sich und den möglichen Nutzen passende Zielgruppe findet und auswählt. Gerade wenn man das mit den Kriterien der anderen Ansätze verknüpft, ergibt das nochmal einen neuen Blick auf das Thema. Auch zum Thema Zielgruppe wird es einen ausführlichen Artikel geben.
  4. Engpass
    Dieser und der nächste Schritt sind die Kernthemen der Engpasskonzentrierten Strategie. Hier beginnt die eigentliche Arbeit und es ist schnell ersichtlich, warum die Vorarbeit nötig ist. Die Idee dahinter ist, dass ein Kunde, z.B. ein Unternehmen, immer genau einen Engpass hat, der es am Wachstum hindert. Und wenn man diesen Engpass für den Kunden lösen kann, dann kauft der Kunde.
    Je nachdem, in welcher Situation der Kunde gerade ist, hat er natürlich verschiedene Engpässe. Und wenn ein Engpass gelöst ist, dann entsteht ein neuer Engpass an einer anderen Stelle. Im Idealfall kann man also als Unternehmen nicht nur einen Engpass lösen, sondern weiß welche Engpässe danach kommen und kann auch diese lösen. So kann man mit dem Kunden länger zusammen arbeiten, oder durch entsprechende Kooperationen zusätzlichen Nutzen generieren.
  5. Innovation
    Jetzt kommt der entscheidende und meistens aufwendigste Schritt. Einfach nur einen Engpass zu lösen reicht meistens nicht. Man muss es besonders gut, schnell, günstig oder so machen und vor allem besser als alle anderen. An der Stelle ist es hilfreich, die eigenen Stärken zu kennen und auch den Nutzen, den man schaffen kann, denn vielleicht lässt sich durch eine sinnvolle Kombination etwas Neues kreieren. Wichtig dabei ist, sich nicht nur auf die Dinge zu konzentrieren, die man aktuell zu seinen Stärken zählt. Im Zweifelsfall muss man sich eben auf die eine oder andere Weise weitere Stärken aneignen.
  6. Kooperation
    Wenn klar ist, welchen Engpass ich löse und wie ich dafür sorge, dass ich der Beste für die Lösung dieses Engpasses bin, dann kann ich mir Gedanken darüber machen, wie ich meine Position durch sinnvolle Kooperationen weiter stärken kann.
    Auch diesen Punkt finde ich sehr interessant, weil die Mitbewerber nicht als Konkurrenten, sondern als mögliche Kooperationspartner gesehen werden.
    Die Ausrichtung mit EKS ist sehr spitz, daher bleibt ringsum Platz für Kooperationen. Z.B. könnte man mit jemand anderes kooperieren, der den gleichen Engpass löst, aber für eine andere Zielgruppe, die eine andere Lösung brauchen. Oder man kooperiert, wie schon erwähnt, mit Unternehmen welche die Engpässe vor oder nach dem "eigenen" Engpass lösen.
  7. Grundbedürfnis
    Im letzten Schritt versucht man das hinter dem Engpass liegende Grundbedürfnis zu finden. Dadurch soll die Möglichkeit des Wachstums entstehen. Wenn man das Grundbedürfnis kennt, dann kann man sein Angebot auf dieses Grundbedürfnis abstimmen und immer mehr Produkte anbieten, die dieses Grundbedürfnis erfüllen. Man könnte z.B. die Zielgruppe erweitern, oder das Angebot konkret für diese Zielgruppe oder beides.

Auch wenn es so aussieht, dass EKS eine Art Schritt für Schritt Anleitung ist, sind es auch hier, genauso wie bei den fünf Fragen von Procter & Gamble eher Stationen, zwischen denen man hin und her springt, denn sie beeinflussen sich gegenseitig.

Ergänzungen

Für mich gibt es noch vier weitere Punkte, die ich in einer Strategie wichtig finde:

  1. Motivierend
    Für mich sollte eine Strategie motivierend und mitreißend sein, denn dann lässt sie sich viel einfacher umsetzen. Auf dem Weg werden so oder so Widerstände auftauchen, die überwunden werden müssen, dann muss nicht schon die Strategie selbst schon so ein Widerstand sein.
    Oft wird diese Motivation schon dadurch erreicht, dass man an den Erfolg glaubt. Das reicht aber nicht immer. Wenn es zum Beispiel für den Erfolg der Strategie nötig ist, etwas zu tun, was man gar nicht tun möchte, dann kann das die Strategie stark ausbremsen.
  2. Unterstützend im Alltag
    Eine Strategie ist kein theoretisches Gebilde, welches die Führungsetage ausarbeitet und sich an die Wand hängt, sondern sie soll mit Leben gefüllt werden. Dafür muss sie leicht verständlich sein und einen Rahmen bieten. Jeder Mitarbeiter, der Entscheidungen treffen muss, sollte diese mit der Strategie abgleichen können und so immer im Sinne der Strategie handeln. Siehe weiter oben das Zitat von Carl von Clausewitz.
    Deswegen bezeichne ich eine Strategie auch oft als roten Faden. Sie bietet eine Orientierung. Man kann sich an ihr langhangeln und sich auch immer wieder überprüfen, ob man dem roten Faden noch folgt, oder ob man vom Weg, von der Strategie abgekommen ist.
    Der rote Faden ist auch flexibel genug, um mit ihm um ein Hindernis herum zu gehen.
  3. Unternehmenskultur
    Die Unternehmenskultur macht einen wichtigen und häufig unterschätzten Aspekt des Unternehmenserfolgs aus. Deswegen sollte diese im Rahmen der Strategieentwicklung betrachtet und Maßnahmen entwickelt werden, die sicher stellen, dass diese Idee der Unternehmenskultur auch gelebt wird. Ganz wichtig ist dabei, dass alle Management Ebenen es entsprechend vorleben und ganz klar ist, wie man mit Abweichungen umgeht.
  4. Testen Testen Testen
    Michael E. Porter hat es schon angesprochen, wie wichtig das Testen der eigenen Annahmen oder der Strategie ist. Diese Tests sollten klar definiert werden, also was soll wie getestet werden und welche Ergebnisse führen zu welcher Entscheidung. Ich finde dabei den agilen Ansatz und auch das Lean Konzept sehr hilfreich.
    Hilfreich ist dabei eine Strategie immer als eine Hypothese zu betrachten, die erst bewiesen werden muss. Dazu ist es auch wichtig, Gegenbeweise zu finden, das könnten Ausnahmen sein, in denen die Strategie nicht funktioniert. Vielleicht kann man dann die Strategie so anpassen, dass sie auch dann funktioniert. Sehr häufig entsteht dann eine Strategie, die viel besser ist als die ursprünglich gedachte. Es lohnt sich also, die eigenen Ideen immer wieder herauszufordern.

Zwischenfazit

Ich habe Dir verschiedene, nicht alle, Ansätze vorgestellt, wie man erkennen kann, ob man eine gute Strategie hat oder nicht. Wie schon angekündigt überlappen sich dabei viele Dinge und andere Dinge sind einzigartig in diesem Ansatz. Oft sind diese Gedanken aber auch in den anderen Ansätzen sinnvoll. All die genannten Ansätze formen ein Gesamtbild, wie eine gute Strategie aussehen kann. Dabei passt nicht alles immer für jedes Unternehmen. Und genau deswegen habe ich Dir hier einen Überblick gegeben, damit Du für Dich und Dein Unternehmen entscheiden kannst, was passt und was nicht. Dabei empfehle ich Dir am Anfang erstmal offen zu sein und dem Prozess die Chance zu geben. So nach und nach wirst Du dann feststellen, dass die Idee, die Du für unpassend hielst, doch passen und andere, die Du super fandest, doch nicht passen.

Doch wie kommst Du jetzt zu einer guten Strategie?

Meine Frau hat gesagt, indem Du mich anrufst. Ja, das geht natürlich auch, aber so einfach möchte ich es mir an der Stelle nicht machen. Ich möchte Dir zumindest eine Vorstellung geben, wie Du vorgehen kannst.

Ich würde Dir empfehlen, Dir einen Ansatz auszusuchen, den Du gut nachvollziehen kannst und der am besten zu Deinem Unternehmen passt. Dann hast Du eine Orientierung. Ich habe zum Beispiel lange EKS als Basis genommen und an der einen oder anderen Stelle Ergänzungen integriert.

Die Engpasskonzentrierte Strategie hat den Vorteil, dass sie sich ziemlich universal anwenden lässt. Das ist nicht bei allen Ansätzen gegeben. Sie eigenen sich teilweise nur für große Firmen, bzw. Konzerne. Zum Beispiel der Ansatz von Porter richtet sich vor allem an Konzerne oder Firmen, die in einem Oligopol agieren, also einem Umfeld mit eher weniger Marktteilnehmern, in dem man die Mitbewerber klar benennen kann. Und trotzdem enthält er Ideen, die auch in einem Polypol nutzbar sind.

Aber nicht nur die Marktform entscheidet, welcher Ansatz gerade nützlich ist, sondern zum Beispiel auch in welchem Bereich, in welcher Industrie, sich das eigene Unternehmen bewegt, in welcher Phase es gerade steckt oder welche Produkte es wem anbietet.

Inzwischen habe ich ein eigenes System, welches ich immer wieder teste, verbessere und an die jeweiligen Gegebenheiten anpasse.

Es gibt ein paar Kriterien, die ich immer dabei habe:

  1. Welche Herausforderung soll bewältigt werden?
  2. Wie möchte/kann ich gewinnen?
  3. Was ist der rote Faden?
  4. Was und wie teste ich?

Egal wie ich eine Strategie entwickle, auf diese Fragen möchte ich immer eine klare Antwort haben. Sie sind für mich das absolute Minimum. Andererseits enthalten sie sehr viel von dem vorher Gesagten implizit.

Konkreter lässt sich das in diesem Rahmen nicht sagen und wir hatten ja auch schon festgestellt, dass es nicht sinnvoll ist, die Strategie anhand einer Vorlage zu entwickeln. Da wirst Du wohl Deinen eigenen Weg finden müssen. Ich unterstütze Dich dabei sehr gern. Kontaktiere mich einfach.

Literatur

Die Idee für diesen Artikel kam durch das Buch Good Strategy, Bad Strategy von Richard Rumelt.

Weitere wichtige Gedanken kamen durch das Buch Think - Strategisch Unternehmensführung statt Kurzfrist-Denke von Hermann Simon.

Das Buch Competitive Strategy: Techniques for Analyzing Industries and Competitors von Michal E. Porter ist ein Standardwerk und die Basis für viele weitere Bücher. (auf deutsch hier)

Mit den Ansätzen von Michael E. Porter und mit ihm zusammen hat Procter & Gamble ihren Ansatz entwickelt und in dem Buch Playing to win - How Strategy Really Works von A.G. Lafley und Roger L. Martin  näher beschrieben.

Das B-I-Triangle wird von Robert Kiyosaki an verschiedenen Stellen beschrieben. Am umfangreichsten im Buch Rich Dad´s Guide to Investing: What the Rich Invest in, That the Poor and Middle Class Do Not!, welches auch sonst absolut lesenswert ist. (auf deutsch hier)

Einen Einstieg in EKS kannst Du in dem Buch Das große 1x1 der Erfolgsstrategie: EKS - Die Strategie für die neue Wirtschaft von Kerstin Friedrich, Fredmund Malik, Lothar Seiwert und Wolfgang Mewes bekommen.

Zum Thema Annahmen und Strategien testen kann ich Dir sehr das Buch Lean Startup: How Constant Innovation Creates Radically Successful Businesses empfehlen. Auch wenn Du planst, ein Unternehmen zu gründen, solltest Du es auf jeden Fall lesen. (auf deutsch hier)

Die Liste ließe sich natürlich beliebig fortsetzen. Das sind die Bücher oder Bücher zu den Themen, die diesen Artikel bilden. Wenn Du in einzelne Themen tiefer einsteigen möchtest, dann schreibe mir einfach und ich nenne Dir weitere Bücher.