Du hast sicher schon davon gehört, dass im Laufe des Tages die Produktivität und vor allem die Willenskraft nachlässt. Dieser Artikel zeigt Dir eine einfache Möglichkeit, Dich wieder aufzuladen, und erklärt die Hintergründe. Und so ganz nebenbei kannst Du mit diesen fünf Minuten auch Dein Stresslevel stark reduzieren. Wie das geht und warum, das erfährst Du in den nächsten Minuten.

Das Thema Produktivität und vor allem auch Prokrastination (Aufschieben) beschäftigt mich jetzt schon viele Jahre. Ich glaube ich bin, bzw. war ein Meister im Aufschieben. In der Schule war dieses Verhalten meistens von Vorteil. Ich konnte meine Freizeit genießen, Zeit mit Freunden verbringen und habe dann kurz vor Schluß die Arbeit noch schnell erledigt. Das ging solange gut, wie die Aufgaben in wenigen Stunden am Abend vorher zu erledigen waren.

Das erste Mal bin ich damit auf die Nase gefallen, als wir entweder “Der Zauberlehrling” von Goethe oder “Der Handschuh” von Schiller lernen sollten. Beides etwas längere Gedichte, die ich nicht so einfach nebenbei lernen konnte, so wie ich es sonst immer gemacht habe. Das war dann auch meine erste fünf.

Trotzdem bin ich mit der Strategie des Aufschiebens sehr gut durch die Schule und auch durchs Studium gekommen. In meiner Selbstständigkeit ist mir das dann allerdings auf die Füße gefallen und ich habe einige Jahre gebraucht und viele Strategien ausprobiert, um dem Thema Prokrastination Herr zu werden.

Mir ist dabei immer wieder aufgefallen, und das passiert mir auch heute noch, dass ich Tage habe, wo mir alles total leicht fällt. Ich setze mich selbst Abends nach einem langen Tag noch hin und schreibe an einem Blogbeitrag oder an meinem nächsten Buch. Und dann gibt es Tage, da gelingt mir gar nichts. Ich schiebe nur vor mir her und ärgere mich, dass ich das nicht hinbekomme.

Das hat mich natürlich nachdenklich gemacht und ich habe angefangen mich genauer zu beobachten. Eines Tages, ich bereitete gerade einen Vortrag zum Thema Willenskraft vor, kam mir ein Gedanke in den Kopf geschossen.

Beim Thema Willenskraft geht man von 2 Annahmen aus

  1. Willenskraft lässt sich trainieren, genauso wie ein Muskel.
  2. Willenskraft steht morgens am Stärksten zur Verfügung und sie wird im Laufe des Tages durch verschiedenste Einflüsse immer schwächer.

Früher habe ich mich eher der ersten Annahme gewidmet und versucht meine Willenskraft zu trainieren. Bestimmt ist mir das auch gelungen, aber die Ergebnisse waren nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe.

Umgebung gestalten für mehr Produktivität

Als nächstes habe ich mich mit den verschiedenen Einflüssen beschäftigt, und umso mehr ich mich damit beschäftigte, umso bewusster wurde mir wie wichtig unsere Umgebung für unseren Erfolg ist. Ich habe angefangen meine Umgebung zu verändern und festgestellt, dass die meisten Menschen überschätzen, was sie aus eigener Kraft erreichen können und unterschätzen, wie wichtig die Umgebung für ihren Erfolg tatsächlich ist.

Das hat mich schon sehr viel weiter gebracht und die ersten positiven Ergebnisse stellten sich schnell ein. Allerdings musste ich einsehen, dass ich nicht alles verändern kann. Ich verdiene mein Geld hauptsächlich in dem ich auf kleineren oder größeren Bühnen stehe und Menschen an meinem Wissen und meinen Erfahrungen teilhaben lasse. Das macht mir richtig Spaß. Nur Abends bin ich dann so kaputt, dass ich nichts mehr auf die Reihe bekomme. Nur wie sollte ich das ändern?

Die Umgebung konnte ich an der Stelle nur bedingt verändern. Ich konnte weniger Aufträge annehmen, um mehr Zeit für meine anderen Projekte zu haben, aber so richtig war das auch keine Lösung. Und während der Vorbereitung für den Vortrag schoß es mir plötzlich durch den Kopf: “Wieso ist unsere Willenskraft morgens am Stärksten und verbraucht sich über den Tag?”

Willenskraft aufladen

Warum sie sich verbraucht war mir schon bewusst. Hauptsächlich durch die vielen Entscheidungen, die wir im Laufe eines Tages treffen, auch wenn wir das oft gar nicht mitbekommen. Es gibt aber noch andere Einflüsse, über die ich mal in einem anderen Blogbeitrag schreiben werde.

Mich interessierte in dem Moment viel mehr, warum die Willenskraft morgens am Stärksten ist. Sie regeneriert sich scheinbar, wie viele andere Dinge auch, im Schlaf. Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

Ich hatte mich ja schon lange mit Meditation beschäftigt und mir war die regenerierende Wirkung bewusst. Allerdings hatte ich das noch nie mit meiner Produktivität geschweige denn mit Willenskraft und Prokrastination in Verbindung gebracht. Mir waren auch die positiven Auswirkungen von Mittagsschlaf bewusst, aber scheinbar nicht so bewusst, dass ich aus all dem eine sinnvolle Gewohnheit gemacht hätte, schließlich konnte ich nicht wann immer ich wollte Mittagsschlaf machen.

Meditiert hatte ich meistens entweder morgens oder abends. Und genau in dem Moment, während der Arbeit an meinem Vortrag, hat es Klick gemacht. Das ist aus Produktivitätssicht total verschwendet. Wenn Meditation ähnlich regenerierend wirkt wie Schlaf, dann ist es doch viel sinnvoller, mitten am Tag zu meditieren. Und das ist dann auch nicht wie Mittagsschlaf und lässt sich so gut wie überall umsetzen.

Ich begann also mehr oder weniger regelmäßig mittags zu meditieren und die Auswirkungen waren erstaunlich. Plötzlich gelang es mir egal wie schwer mein Tag war wieder zu meiner Stärke zurück zu finden und mich den Dingen zu widmen, die ich sonst aufgeschoben hätte. Von Prokrastination keine Spur mehr.

Noch erstaunlicher für mich war, dass ich dafür nicht stundenlang meditieren musste. Ich muss sagen, ich bin nicht so der Fan von Meditation. Ich kann diese Ruhe nicht wirklich ertragen. Nach wenigen Minuten werde ich unruhig und zappelig. Dann will ich wieder was machen. Um mich dem mal zu stellen habe ich mich vor kurzem zur Vipassana Meditation angemeldet. 10 Tage Stille, ohne technische Geräte, ohne Bücher ohne Sport. Nur ich und die Stille. 10 Tage weit außerhalb meiner Komfortzone.

Daher war ich umso erstaunter, dass schon 5 Minuten “Meditation” reichen, um zu regenerieren und wieder mehr Tatendrang und Willenskraft zu haben. Da ich mich ja nie einfach so mit Lösungen zufrieden gebe, kam mir gleich der Gedanke: “Wie muss ich meditieren, um meine Willenskraft wieder aufzuladen?” Es gibt ja viele Arten zu meditieren. Reicht es einfach 5 Minuten still zu sitzen oder muss ich einer bestimmten Atemtechnik folgen oder oder oder?

Produktivitätslevel messen

Leider war für mich mein Produktivitätslevel nicht wirklich messbar, so dass ich das nicht überprüfbar untersuchen konnte, bis vor ein paar Tagen.

Vor ein paar Tagen stieß ich auf etwas, womit ich mich vor vielen Jahren schon einmal beschäftigt hatte. Damals allerdings aus Trainingssicht. Damals wollte ich herausfinden wann ich am sinnvollsten trainieren sollte. Ich brauchte also eine Methode, um einerseits herauszufinden, ob ich noch in der Regeneration nach einem Training, oder anderweitig geschwächt bin, so dass hartes Training nicht zu empfehlen ist. Schon erstaunlich wie sich manchmal die Kreise schließen.

Damals bin ich auf HRV (Heart Rate Variability) aufmerksam geworden. Dabei wird der Abstand zwischen 2 Herzschlägen gemessen, denn unser Herz schlägt nicht sehr gleichmäßig. Umso mehr Varianz vorhanden ist, umso fitter sind wir scheinbar. Und wenn es sehr gleichmäßig schlägt, dann ist es aus irgendeinem Grund unter Stress.

Nur wodurch lässt sich unser Herz stressen? Es ist zum Beispiel gestresst, wenn wir in der Muskelregeneration sind, sich eine Krankheit ankündigt oder wir krank sind, wir psychisch gestresst oder einfach nur erschöpft sind.

Und jetzt ahnst Du es sicher schon, damit kann ich vor und nach der Meditation messen und genau sehen was funktioniert und was funktioniert nicht. Natürlich bin ich mir dabei bewusst, dass ich so nur feststelle wie gestresst mein Herz vor und nach der Meditation ist.

Deswegen messe ich nicht nur vor und nach der Meditation, sondern auch im Laufe des Tages immer wieder. Außerdem halte ich fest an welchen Tagen ich wie produktiv war.

Das mache ich jetzt schon ein paar Tage und es gibt scheinbar noch einige andere Faktoren, die einerseits auf das Stresslevel des Herzens einen Einfluss haben und dadurch scheinbar auch auf die Produktivität und die Tendenz zu Prokrastination. Auch dazu in einem späteren Artikel mehr.

Im Moment teste ich eine einfache Atemmethode, die sehr gut zu funktionieren scheint:

Die langsame Zwerchfellatmung

  1. Setze Dich aufrecht hin und stelle die Füße entspannt nebeneinander. (Geht auch im Liegen, dann bitte auf den Rücken legen und die Beine leicht anwinkeln. Unter den Kopf und die Kniekehlen kannst Du ein Kissen legen.)
  2. Lege eine Hand knapp unter die Rippen, so kannst Du Dein Zwerchfell spüren. Die andere Hand lege auf Deinen Brustkorb.
  3. Richte Deine Augen auf einen neutralen Punkt.
  4. Atme für 4 Sekunden durch die Nase ein. Dabei sollte Dein Bauch gegen die untere Hand drücken, während sich die obere Hand (auf dem Brustkorb) nicht bewegt.
  5. Halte für 2 Sekunden den Atem an.
  6. Atme für 4 Sekunden durch den Mund aus. Auch dabei sollte die Hand auf dem Brustkorb still bleiben. Die Hand unter den Rippen bewegt sich langsam zurück in die Ausgangsposition (Richtung Wirbelsäule)
  7. Warte mit dem erneuten Einatmen.
  8. Mache mit Punkt 3 weiter.

5 Minuten dieser Atmung reichen meistens schon aus. Im Zweifelsfall kannst Du das auch mehrmals am Tag machen. Wenn Du etwas geübter bist kannst Du die Zeiten für die Ein- und Ausatmung auch verlängern. Du wirst dadurch nicht nur produktiver, reduzierst Prokrastination, steigerst Deine Willenskraft, sondern Du reduzierst dadurch auch Stress allgemein und machst Dich widerstandsfähiger. Wenn Du noch andere Auswirkungen spürst, dann berichte mir bitte darüber.

Zusammenfassung:

Ich empfehle Dir jeden Tag mindestens 5 Minuten die Zwerchfellatmung zu praktizieren. Das hilft Dir Dein Stresslevel zu senken und produktiver zu werden. Auch regenerierst Du Deine Willenskraft und vermeidest Aufschieberitis. Stattdessen packst Du an was ansteht.

Wenn Du tiefer einsteigen und mehr über Dich lernen möchtest

Vielleicht geht es Dir wie mir und Du möchtest die dahinter liegenden Mechanismen genauer untersuchen. Ich mache das jetzt erst seit ein paar Tagen und es kristallisieren sich weitere Faktoren heraus. Gern würde ich mich dazu mit anderen austauschen. Wenn Du Lust hast auch ein wenig zu forschen, dann bekommst Du hier eine kleine Anleitung. Bitte teile mir dann Deine Erfahrungen und Ergebnisse mit, danke.

Der Einstieg

Um die Herzfrequenzvariabilität zu messen reicht es leider nicht auf die heutigen Möglichkeiten eines Smartphones zurückzugreifen. Also Puls messen, indem Du den Finger auf die Linse legst funktioniert nicht. Auch die Smartwatches und Fitnessarmbänder, die den Puls am Handgelenk ermitteln sind zu ungenau. Du brauchst einen Pulsgurt. Leider unterstützt nicht jede App jeden Pulsgurt. Die App, die ich Euch empfehle unterstützt nur sehr wenige. Ich habe mich für den Tickr von Wahoo Fitness entschieden. Der wird scheinbar auch noch von einigen anderen Apps unterstützt, z.B. meiner Yoga App.

Die knapp 45 Euro für den Pulsgurt sind die einzige finanzielle Investition, die Du tätigen musst. Und den kannst Du ja für viele andere Dinge auch benutzen. Es ist sehr sinnvoll mit Pulsmessung zu trainieren. Und natürlich kannst Du wie ich früher damit und der App ermitteln, ob Du noch in der Regeneration bist, oder schon wieder voll trainieren kannst.

Als App empfehle ich Dir Elite HRV (für Android und iOS). Sie ist kostenlos, Du musst Dich allerdings registrieren und Deine Daten werden in der Cloud gespeichert. Sie werden anonym mit den anderen Daten verglichen, wodurch einige Erkenntnisse möglich sind. Du solltest dabei immer berücksichtigen, dass Du Dich zum Großteil mit Sportlern und Leistungsportlern vergleichst.

Deine Baseline

Ich empfinde es als sinnvoll, wenn Du erstmal Deine Baseline ermittelst. Es ist zwar nicht nötig, hilft Dir aber Deine Werte in eine Relation zu bringen. Deine Baseline ermittelst Du über die Morning Readiness Funktion der App. Dafür musst Du direkt nach dem Aufwachen 2,5 Minuten investieren. Die App ermittelt dann Deine Herzfrequenz und Deine Herzfrequenzvariabilität.

Wichtig: Du solltest dabei immer genauso liegen und auch sonst alles genauso machen. Also nicht einmal davor Zähne putzen und das andere Mal nicht.

Es dauert dann ein paar Tage, bis die App Deine Baseline ermittelt hat. Wenn Du Deine Baseline kennst, kannst Du sehr schnell einschätzen, ob Du gerade gestresster (physisch oder psychisch) oder besser drauf bist als sonst. Natürlich kannst Du diese Werte auch mit anderen vergleichen, miss dem aber nicht zu viel Bedeutung bei. Für Dich ist wichtiger, wie Deine Werte im Vergleich zueinander liegen.

Damit Du trotzdem ein ungefähres Gefühl bekommst hier mal ein paar Werte. Wie gesagt, beachte, dass die meisten Nutzer Sportler sind. Die Top 10 Prozent haben einen HRV Score von 74 und darüber. Der Durchschnitt liegt ungefähr bei 60.

Die Messungen

Neben der Messung jeden Morgen kannst Du täglich beliebig viele Messungen machen und diese mit Tags versehen. Dafür ist die Funktion Open Reading gedacht. Du solltest dabei mindestens eine Minute messen. Wichtig auch hier, Deine Haltung sollte immer die Gleiche sein, zumindest wenn Du die Werte miteinander vergleichen möchtest. Es macht einen Unterschied, ob Du liegst, sitzt oder stehst.

Ich messe zum Beispiel folgendes:

  • vor und nach dem Essen, dadurch versuche ich herauszufinden ob Essen auf mich einen Einfluss hat und welchen. Gibt es Essen das mir gut tut und welches das mir nicht gut tut. Ich habe vor ein paar Wochen meine Ernährung stark verändert und stelle ein stark verändertes Produktivitätslevel fest und ich würde gern wissen woran genau das liegt, da ich nicht nur das was, sondern auch das wie und wann verändert habe. Außerdem nehme ich andere Nahrungsergänzung. Viele Faktoren, die untersucht werden wollen. Auch darüber berichte ich in einem späteren Blogbeitrag.
  • vor und nach dem Sport, da weiß ich noch nicht was ich aus den Daten für Rückschlüsse ziehen kann. Die App hat dafür auch eine eigene Funktion.
  • vor und nach der Zwerchfellatmung, auch dafür hat die App eine eigene Funktion, die Dir sogar den Atemrhythmus vorgibt. Nicht wundern, die App macht keine Pause zwischen Ein- und Ausatmung und umgekehrt. Ich habe für die Zwerchfellatmung mehrere Anleitungen gefunden. Nimm einfach die, die sich für Dich besser anfühlt oder die besseren Ergebnisse bringt
  • immer mal zwischendurch, um zu wissen wie es mir geht. Vielleicht schiebe ich nochmal eine kurze Atemrunde ein, geh spazieren oder so.
  • die ganze Nacht oder den ganzen Tag, weil ich wissen möchte, wie sich das im Laufe der Stunden entwickelt. An solchen Tagen halte ich auch meine Tätigkeiten fest, um das miteinander in Verbindung bringen zu können. Und vielleicht kann ich so auch meinen Biorhythmus erkennen und weiß wann ich am produktivsten bin.

Wenn Dir noch mehr Ideen kommen, was sinnvoll wäre zu messen, dann lass sie mir bitte zukommen. Ich denke aber für den Anfang reicht es und wir werden genug damit zu tun haben die Daten auszuwerten.

Mich interessieren natürlich auch Deine Ergebnisse, also lass uns dazu austauschen, am Besten einfach hier in den Kommentaren. Und damit Du nicht meine Ergebnisse und die anderen Blogbeiträge verpasst, solltest Du Dich zum Newsletter anmelden: